Als die deutschen Grünen 1998 das letzte Mal an der Regierung waren, bestand ihr Erbe hauptsächlich aus dem Jugoslawien- und dem Afghanistankrieg. Diesmal scheint es nur der Ukraine-Krieg zu sein … und vielleicht ein paar Solarzellen entlang der Autobahn.
Hauke Benner ist ein ehemaliger Journalist und jahrzehntelang ein politischer Aktivist gegen den Klimawandel
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Eine Kriegserklärung der Regierung
Am 28.3. verkündete die Berliner Ampelregierung (SPD, Grüne, FDP) nach 30-stündigen zähen Verhandlungen ihre Ergebnisse vor der Presse. Im Kern hat sich die FDP in den wichtigsten Punkten durchgesetzt. Ein durchgreifender Klimaschutz und Senkung der CO2 Emission ist in weite Ferne gerückt. Hingegen sind die Grünen in allen wesentlich Fragen gescheitert.
Wie vorher von FDP gefordert wird es einen beschleunigten Ausbau der Autobahnen geben, garniert jetzt mit kilometerlange Solarzellenstreifen am Rande. Das immerhin können sich die Grünen auf ihre Fahnen schreiben. Auch im Gebäudesektor ist ein Einbauverbot von fossilen Heizungen (Öl oder Gas) vom Tisch. Sondern hier wie überall soll es der Markt regeln – und das kann dauern.
„Wir springen dabei über unseren eigenen Schatten “ meinte Energieminister Habeck nach der Pressekonferenz in einer Talkshow. Gemeint war damit wohl, um die Ampelkoalition nicht zu sprengen, haben die Grünen den Klimaschutz auf der Altar des Machterhalts geopfert. Es ist eine kompletter Kotau der Grünen vor den Klimaleugnern der FDP.
Die Ergebnisse sind aus Sicht von Umweltverbänden „eine Horrorliste“. Statt den Autoverkehr endlich deutlich zu reduzieren, drückt der Verkehrsminister Wissing (FDP) weiter auf das CO2-Gaspedal. Neue Autobahnen durch Naturschutzgebiete und Moore sind aus Sicht der Klimawissenschaft megaout. Ausdrücklich hat die Ampelkoalition einen wesentlichen Eckpfeiler des noch unter Kanzlerin Merkel beschlossenen Klimagesetzes gekippt, nämlich die kontinuierliche Reduzierung der CO2-Emissionen in den jeweiligen Sektoren wie Gebäude und Verkehr. Gerade Minister Wissing verstößt gegen diese gesetzliche Vorgabe. Im Individualverkehr werden Jahr für Jahr höhere Emissionen gemessen. Die Ampelregierung hat jetzt beschlossen, die verschiedenen Sektoren miteinander (z. B. die Einsparungen im Energiebereich gegen die Steigerung im Verkehr) zu verrechnen. Das business as usual im Verkehrsbereich kann also weiter gehen. Die Automanager und Gewerkschaften reiben sich die Hände.
Im Gebäudesektor wurden die Grünen ausgekontert, ein Ende des Einsatzes fossiler Brennstoffe ist in weite Ferne gerückt. Der verschärfte Einbau von Wärmepumpen, wie in Dänemark seit zehn Jahren vorgeschrieben, ist vom Tisch. Das soll allein der Marktpreis für CO2-Verschmutzungen regulieren und eben keine Verbote. Damit wird die soziale Spaltung der Gesellschaft weiter vorangetrieben; denn die Reichen können sich teure CO2-Zertifikate sowohl bei ihren SUV’s wie in ihren Villen oder Yachten immer leisten. Ärmere Haushalte müssen das superteure Gas bezahlen oder eben frieren, wenn sie keine Kohle für neue Wärmepumpen aufbringen können.
Die Beschlüsse der Ampelregierung bedeuten das Ende des prioritären Klimaschutzes für diese in ihren Worten „Fortschrittskoalition“. Und einen klaren Verfassungsbruch. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2021 in einem bahnbrechenden Urteil die Regierungen dazu aufgefordert, das Grundrecht auf ein schützenswertes Leben auch für künftige Generationen umzusetzen und dementsprechende Klimaschutzgesetze, die nicht erst nach 2030 wirken, zu beschliessen. Der Koalitionskompromiss mißachtet jedoch genau diese Vorgaben der Karlsruher Richter.
Mit diesen beschlossenen Maßnahmen wird keine Tonne CO2 eingespart. Die Regierung tut so, als wenn sie noch alle Zeit der Welt hätte. Genau auf das Gegenteil – dass das Zeitfenster für effektive Maßnahmen gegen die Erderwärmung nur noch wenige Jahre offen ist – darauf hatte in der letzten Woche der Synthesebericht des IPCC eindringlich hingewiesen. Es komme jetzt auf jedes Zehntelgrad Erderwärmung an. Doch das ist der Elite in der Berliner Regierung scheissegal und bei den durch sie protegierten Reichen und Superreichen so und so.
Es ist, um es mit Bruno Latour und Nikolaj Schultz („Zur Entstehung der ökologischen Klasse“) zu sagen, eine Kriegserklärung gegen die Klimaaktivistinnen weltweit und eine Kriegserklärung gegen alle Lebewesen auf diesem Planeten.
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